Pässe Pur - Schweiz-Tour im August 2000

Bild+Text: Hans Seeliger

Große Mühe hatte ich schon, in der allgemeinen Urlaubszeit ein paar Hartgesottene für meine "Pässe Pur"-Tour zusammen zu bekommen. Doch am Donnerstag , den 24. August 2000, trafen sich dann immerhin drei "harte" Burschen Ali, der als Pensionär seine neue BMW R 1100 RS galant durch die Kurven fährt, George unser Seniorpartner, der mit seinen 71 Lenzen jetzt erst richtig im Sattel seiner Road King Classic mit Stereoanlage (made by Xaver) sitzt und meine Wenigkeit, Hans, bei Wolfram.

Die Sommersonne wärmte uns schon zu früher Stunde und so starteten wir über die kleinen Nebenstraßen. Die Reise führte uns vorbei an Schloß Linderhof über den Ammersattel, vorbei am Plansee nach Reutte. Die Einstimmung war gut und so genossen wir vor einem excellenten Mittagessen im Hotel Post in Imst das Hahntennjoch. Nachmittags ging es weiter Richtung Reschenpaß, wie Ihr Euch denken könnt natürlich über "geheime" aber dafür wunderschöne Sträßchen.

Dann oben am Reschen - Ihr wisst schon, das ist die Verbindung westlich des Timmelsjochs nach Südtirol wo man im Stausee noch den Kirchturm aus dem Wasser spitzen sieht - kam Georgens Soundmachine erstmals richtig zum Einsatz. Eine Gruppe Münchner mit ihren BMW-Cruisern war - neben uns - restlos begeistert - Countrymusik und eine unglaubliche Kulisse, einschließlich Blick auf das Ortlermassiv, das war schon gewaltig. Die letzten Meter dieser ersten Tagesetappe waren gleich genommen und wir kamen in Glurns (der kleinsten Stadt Italiens) im oberen Vinschgau an. Ein romantisches Örtchen mit Marktplatz, einem Dorfbrunnen, Gässchen und einer mittelalterlichen Mauer darum, da lies es sich einfach Aushalten. So auch die Stimmung  und schon waren wir mit den ersten in Kontakt. Nach Südtirolerköstlichkeiten und Vino rosso schliefen wir zufrieden ein. Nach einem ausgiebigen Frühstück wurden die Bikes gesattelt, einschließlich der 125 er XY von Udo und Marianne (hatten wir am Abend zuvor kennengelernt) und es ging die 48 Tornantes (Serpentinen) hinauf aufs Stilfserjoch.

Hut ab vor unseren Senioren - mit Bravour haben beide das Meisterstück vollbracht  -  bei strahlendem Sonnenschein und bestimmt 20 Grad (immerhin auf 2.700 m) ruhten wir uns aus, und wagten auch nochmal einen Blick zurück auf die Trasse, welche immerhin schon im Jahre 1900 eröffnet wurde um im Postkutschenverkehr Livinio zu versorgen. Gegen Mittag ging es erst das Stilfserjoch ein paar Kehren hinab und dann über den Umbrailpaß (am unteren Auslauf noch immer Sandpiste) nach St. Maria im Müstairtal, über den Ofenpaß ins Oberengadin bis kurz vor St. Moritz, wir bogen rechts ab und nahmen den Albulapaß, welcher auf seiner Nordtrasse wohl eine der verwegensten Bahnstrecken aufweist. Auf wenige Kilometer werden hier viele hundert Höhenmeter überwunden, um das zu schaffen haben die Eisenbahnbauingenieure schon vor rund hundert Jahren die Strecke sich zum Teil in Tunnels den Berg hinschrauben (im wahrsten Sinne) lassen. Hoch am Oberrhein entlang gings nur noch über den Oberalppaß und schon waren wir gegen späten Nachmittag in Andermatt unserem zweiten Etappenziel angelangt. Das Züricher Rahmgeschnetzelte im Hotel 3 Könige (wie passend) schmeckte allen köstlich und nach einem ausgiebigen Spaziergang (und ein paar Bierchen unterwegs) hatten wir dann auch die richtige Bettschwere.

Früh morgens um sieben trafen wir uns dann zum Frühstück um alle naheliegenden Paßstrecken der Zentralschweiz  auszukosten. So kam es, daß wir erst nach Süden über St. Gotthard (für Insider die alte Paßstraße Tremola noch immer in Kopfsteinpflaster) nach Airolo fuhren. Von dort am Tessin entlang das Val Bedretto hinauf über den Nufenenpaß nach Ulrichen. Von dort das Rhonetal hinauf, die ersten Serpentinen des Grimselpasses, bis wir dann am Rhonegletscher (Rhonequelle) vorbei über den Furkapaß wieder nach Andermatt gelangten. Nun erklärt uns nicht für verrückt, denn wir fuhren den Furka nun von in der entgegengestzten Richtung (weil es so schön war) nochmal um dann über den Grimsel-, Susten- und Klausenpaß nach Glarus zu kommen. Es ging weiter über Mollis, am Walensee entlang bis Sargans. Über Vaduz (Fürstentum Liechtenstein), Feldkirch, Bludenz nach Schruns im Montafon.

Dritte Nacht bei unseren Schrunsern mit Essen im Gasthof Kreuz bei Bettina und Elmar, mit Christof, Martina, Alex, Dunja, Gerhard ..... und Schlafen bei (nicht mit) "Carmen". Eine freudige Überraschung, meine Frau Claudia kam mit unserem Moritz ebenso noch Samstagabends nach Schruns und so genossen wir zusammen einen wohlig warmen Sommerabend in lustiger Gesellschaft vieler Schrunser Freunde.

Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es Richtung Heimat, doch auch diese Strecke sollten wir trotz Regen in vollen Zügen genießen. Zwei unserer Schrunser Christof mit seiner Moto Guzzi California und Michi mit seiner gerade erstandenen Road King Classic hatten abends in Bierlaune getönt, sie würden uns ein Stück begleiten - sie taten es, zumindest über die Galerie des Flexenpasses bis hinab nach Lech.  

Nach einen ausgezeichneten Mittagsmahl verabschiedeten wir uns, immer noch im Regen. Die letzten Kilometer wurde es dann aber immer heller und ab Garmisch war schon wieder die Straße trocken.

Was sind schon hundert Kilometer im Regen wenn wir die anderen rund 1.000 Kilometer bei strahlend blauem Himmel genießen konnten. Alles in allem ein bisschen anstrengend doch wir wurden um ein Vielfaches mit überwältigenden Eindrücken belohnt.