Easy Rider Magazin, Ausgabe April 2004

Bild+Text: Karlheinz Wedhorn


Harley-Davidson Galerie & Költgen - Behindertengerechter V-Rod Umbau

Text+Bild: Karlheinz Wedhorn   

Harley fahr’n... Das ist für viele eigentlich kein Problem, hat man sich einmal dazu durchgerungen, sich bei einem autorisierten Händler sein Traumbike zu ordern, um dann mit dem Milwaukee Iron den Fahrtwind und Landschaft zu genießen.

Ja, eigentlich kein Problem – nicht ganz, kennt man die Geschichte von Conrad Carsten aus dem bayrischen Freilassing, der seit der Geburt mit einer rechten Unterschenkelprothese lebt, voll im Berufsleben steht und selbst als Freifaller im Fallschirmsport seinen Mann steht.

Nur mit dem Mopedfahren sollte es nicht klappen ? Unvorstellbar, doch jeder Versuch, einen Händler zu finden, der ihm ein Bike geTÜVt umbaut, war immerhin über dreißig Jahre vergebliche Liebesmüh. Er erntete bedauerndes Schulterzucken und niederschmetternde Antworten.

Schließlich erwarb er einen Motorroller, womit er als Prothesenträger keine Probleme hatte, und so ging es mit Freunden und dem 400 Burgmann im Jahr 2002 zum größten Europäischen Harley-Event, an den Faaker See. Hier glänzten die Harleys um die Wette und die 100 Jahre Jubiläum’s V-Rod hatte es ihm angetan, nein regelrecht verliebt hat er sich. Und da war sie wieder, die Frage, ob wohl ein Harley Händler in der Lage ist, eine V-Rod auf seine Bedürfnisse umzubauen.

Über’s Internet stieß er auf die Geltinger Harley Davidson Galerie, und als er mutig seinen ersten Anruf tätigte, war er völlig überrascht, als er auf seine Aussage „ich habe da ein Problem“ nicht die erwartete Abfuhr bekam, sondern in Dipl. Ing. Wolfram Rummel einen kompetenten Händler gefunden hatte, der hier eine Möglichkeit sah zu helfen, um nicht nur einen Traum zu erfüllen.

Der Besuch in der Harley-Galerie wurde für Conrad Carsten ein wahres Erlebnis, hier konnte er sich schon einmal auf sein Traummodell setzen und von den gemeinsamen Ausfahrten träumen. Wolfram Rummel und Klaus Böck, der Werkstattmeister, beobachteten dabei die Bewegungen und Reaktionen von Conrad Carsten, als er die V-Rod aufrichtete und abstützte. "Kein Problem“,  war die einstimmige Meinung, nur ein fester Halt an der Fußraste wurde in Erwägung gezogen. Danach begann das gemeinsame Brainstorming, wie die Hinterradbremse sicher auf den Bremsgriff verlegt werden kann.

Ein Anruf bei der Firma Költgen aus Krefeld, die in der Gestaltung und Ausführung von Behindertenfahrzeugen sehr erfahren ist, brachte weiteres Erfinderlicht ins Dunkle, und so wurde die schwebende Idee einer pneumatischen Bremse mit einem Mitnehmer am Bremsgriff verwirklicht. Vor allem Klaus Böck zeigte sich begeistert, da mit der Kombination Vorderradbremse und im Anschluss Hinterradbremse die Maschine sicher in der Spur bleibt und nicht blockiert.

Simpel, sieht man die Konstruktion, und hat man sich als alter Harley-Freak erst mal an das ungewohnte Geräusch beim Starten des Motors gewöhnt, nämlich wenn sich der Kompressor mit Luft füllt, mag man kaum mehr einen Unterschied zu einem Standardmodell erkennen. Der TÜV hat die Maschine übrigens ohne große Probleme abgenommen, und sieht man das Ergebnis, so fragt man sich, warum man nicht früher auf die Idee gekommen ist.

 

Für Conrad Carsten war jedenfalls der Liefertermin kurz vor Weihnachten nicht besser gewählt, denn er sah im Werkstattmeister Klaus Böck schon Santa Klaus, als der vom Schlitten die V-Rod schob, nämlich seinen Traum, auf den er 30 Jahre gewartet hatte. Ja, einen regelrechten Freudensprung tat Conrad Carsten trotz Prothese, als sie endlich geparkt war und Santa Klaus zwar nicht im Roten Buch zu Blättern begann, sondern im Manual, um mit der Einweisung zu beginnen. Was tun wenn, wo ist was, und dann wurde sie endlich angelassen und der Sound ließ das Herz höher schlagen, ganz zu schweigen von der ersten Ehrenrunde, die der frisch gebackene Harley Owner dank des milden Weihnachtswetters drehen konnte.

Wir sehen uns bei den Event’s zur 100-Jahrfeier, und wer hier eine V-Rod sieht, die sich etwas von den anderen abhebt, der weiß, dass Conrad Carsten irgendwo mitfeiert.

 

Interessiert?  Die Harley-Davidson Galerie in Gelting steht mit Rat und Tat zur Seite.

 

siehe auch Presseartikel in der Süddeutschen Zeitung vom 22. Januar 2003