Skandinavien Tour 2004

Bild+Text: Claus Höchsmann  (August 2004)

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Traumreise Skandinavien

Sommer 2003 irgendwo im Voralpenland: Bei strömendem Regen basteln zwei Biker an ihrer Harley. Gelassen erzählen sie, dass sie aus Norwegen kommen und auf dem Weg zum Autoreisezug nach München sind. Nun, der Zug geht in drei Stunden und bis zum Bahnhof sind es noch knapp zwei. Sepp organisiert einen Hänger und liefert sie gerade noch pünktlich ab. Wir müssten unbedingt zum Harleyfest nach Lillehammer kommen...

Lillehammer? War da nicht irgendwas mit Schnee und Eis und Winterolympiade hoch oben im Norden? Die Geschichte wird im heissen Jahrhundertsommer schnell wieder vergessen. Der Winter ist inzwischen da und Sepp verkündet, dass er nach Lillehammer fährt. Penzi, Christoph und Ralf schliessen sich an. Babs und Matthias berichten enthusiastisch von den schönen Langlaufpisten in Lillehammer, welche sie vor einigen Jahren abgefahren sind. Klingt ja alles irgendwie sehr gut, aber eigentlich wollten wir mit den Harleys hin und weniger Langlaufen... Egal, die Skiunterwäsche können wir ja sicherheitshalber mal mitnehmen.

In Ralf Schröder von www.feelgoodreisen.de finden wir einen kompetenten Veranstalter für Motorradreisen nach Skandinavien, welcher selber Harley fährt. Er gibt gute Routentipps und übernimmt die Buchung von Hotels und Fähren. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank, alles hat bestens geklappt!

Ende Juli 2004 geht es dann los. Erste Etappe München-Hamburg. Das Wetter ist bestens. Im Hafen von Schleswig noch einen schnellen Kaffee genommen und dann auf Richtung Dänemark. Gleich der erste Stopp führt uns wieder heim in die Harley-Familie. Der Inhaber des jahrhundertealten Gutshofes Kongensbro Kro mitten in Jütland ist überzeugter Harleyfahrer und berichtet begeistert von seinen jährlichen Fahrten zum Faaker See. Wir müssen unsere Harleys in der Scheune neben dem antiken Traktor sicher wegschliessen und voller Stolz zeigt er uns seine auf 110 Ps aufgebohrte Heritage. Wir verbringen eine schöne Nacht in dem alleinstehenden, idyllisch am Fluss gelegenen Anwesen und werden kulinarisch verwöhnt.

Am nächsten Tag fahren wir über die Westküste an die Nordspitze Dänemarks. Wir können jedem nur empfehlen, die Hauptstrassen zu verlassen und über die einsamen Küstennebenstrassen zu fahren. Wir haben das Gefühl, in einem gigantischen Naturpark zu sein. Die Sinne sind benebelt von der Farbenpracht und den Gerüchen. Irgendwo in den Dünen finden wir ein verwunschenes Café und geniessen selbstgebackene Schokoladentorte in Herzform.

In Hirtshals treffen wir planmäßig Matthias und Babs und gemeinsam geht es mit der Schnellfähre rüber nach Norwegen, nach Kristiansand. Hier sind wir überrascht, dass sich das Nachtleben auf der Strasse abspielt. Wir sitzen am Hafen und lauschen den Klängen eines exzellenten Musikers, die über das Wasser kommen. Es ist wunderbar warm und hell und es kommen die ersten Zweifel an der mitgenommenen Skiunterwäsche – aber Norwegen ist ja noch gross...

Der nächste Tag ist vollgepackt mit einer knapp 400 km langen Küstentour nach Stavanger. Der erste Stopp ist Kap Lindesnes, der südlichste Punkt Norwegens. Im über 100 Jahre alten Leuchtturm erfahren wir einiges über die Geschichte der Seefahrt mit ihren Leuchtfeuern. Nebenan steht auch noch Norwegens erster Leuchtturm, welcher mit offenem Kohlefeuer betrieben wurde. Gerne würden wir an diesem Ort länger verweilen, aber wir haben noch eine stramme Strecke vor uns. Die norwegischen Küstenstrassen zu fahren ist ein Traum: Kaum Verkehr und hinter jeder Kehre offenbart sich eine neue Bilderorgie. Unbeschreiblich dieses laufende Auf und Ab: Mal dicht am Wasser, dann wieder oben in den Bergen und immer wieder diese wunderbaren Panoramablicke.

Nächster Stopp ist Ha gamle Prestegard. Die alte Hofanlage liegt direkt am offenen Meer, neben einem Gräberfeld aus der Eisenzeit. Leider hatte das Café trotz anders lautender Öffnungszeiten geschlossen, aber auch so wurden wir durch diesen einzigartig friedvollen Platz belohnt.

Den Sonnenuntergang geniessen wir dann in den Hafencafés von Stavanger.

In Stavanger bleiben wir zwei Nächte und heute ist eine Reise an den Lysefjord angesagt. Morgens macht der Anlasser von Matthias merkwürdige Geräusche und wir beschliessen zum ortsansässigen Harley-Dealer zu fahren. Der Anlasser muss raus – aber leider Urlaubszeit, nur ein Mechaniker, frühestens übermorgen... Ulli lässt ihren ganzen Charme sprühen und wickelt Haraldur ein. Vielleicht morgen Mittag, wenn... Ulli packt Haraldur’s Pranke und flötet im Hinausgehen: „See you tomorrow morning !“ und ehe er widersprechen kann, ist sie mit der Fat Boy davongebraust. Wir sind sehr gespannt.

Claus nimmt Babs hintendrauf, Matthias die Sportster von Babs und auf geht es zum legendären Lysefjord. Wir lassen die dreistündige Fahrt zum Fjord gemütlich angehen. Oben auf dem Fjell bietet sich eine grandiose Landschaft: Lauter abgerundete Felsblöcke in allen Dimensionen wie einfach über die Berge ausgeschüttet. Die Strasse schlängelt sich schmal zwischen den Seen dahin, und es gibt unendlich viele kleine und grössere von Menschenhand errichtete Steinpyramiden. Diese Pyramiden und Türme werden wir noch oft auf den Fjells antreffen.

In Lysebotn angekommen endet das Fjell abrupt, es gibt eine Gaststätte mit einer Aussichtsplattform und darunter geht es einen knappen Kilometer senkrecht runter. Eine aberwitzige Strasse schlängelt sich über 20 spektakuläre Haarnadelkurven am Felsabhang runter. Anscheinend hat aber der Abhang nicht ganz gereicht und so haben die Strassenbauer kurzerhand den letzten Kilometer mittels eines Stollens bewältigt: 500 m Natursteintunnel in den Felsberg, Haarnadelkurve und 500m wieder raus. Unten angekommen sind wir auch schon fast an der Fähre. Wir versuchen zu erkennen wo wir langgefahren sind, können aber beim besten Willen von unten keine Strasse sehen, sondern nur ganz weit oben die Aussichtsplattform.

Mit der Fähre geht es dann knapp 4 Stunden wieder zurück nach Stavanger: Links und rechts die steilen Felsabhänge, vorbei am legendären Prestekolen, wunderbaren Wasserfällen und Grotten. Zwischendurch ein paar Gehöfte, wo noch ein handtuchbreit Land dabei ist. Diese können nur vom Wasser aus erreicht werden und die Bewohner müssen den Wintervorrat im Sommer anlegen. Im Fjord-Norwegen zu überleben, wo vor über 1000 Jahren die Vikinger segelten, war noch nie einfach, auch heute nicht. Die Berge sind steil, die Sommer kurz, das Bier teuer und die Besiedlung so dünn wie der Kaffee.

Abends bummeln wir wieder durch die Hafencafés und die Altstadt.

Am nächsten Morgen werden Wetten geschlossen, wann der Anlasser von der Heritage ausgetauscht sein wird. Matthias versucht verzweifelt anzurufen, aber Norweger scheinen nicht sehr früh aufzustehen. Kurz nach neun kommt er durch, die Maschine sei fertig (of course!) und kann abgeholt werden. Claus fährt mit Matthias zum Dealer und Haraldur scheint tatsächlich eine Nachtschicht eingelegt zu haben. Ein Kompliment dem Dealer und Mechaniker, welcher auch noch exakt das defekte Teil (Bj. 97) auf Lager hatte. Wir bedanken uns erleichtert und dieses sollte auch das einzige technische Problem auf der über 3.000 km langen Strecke bleiben.

Somit kann es rechtzeitig auf den nächsten Trip nach Eidford gehen. Diese Etappe ist gespickt mit Fähren, Tunnels, Pässen, Fjells. Die immer wieder auftauchenden Fjorde werden teilweise mit Fähren überquert. Und dann kommt der Aufstieg über teils einspurige Passstrassen. Oben auf dem Fjell in gut 1.000 m geht es dann fast 40 km über atemberaubende Landschaften, laufend kleine Aufstiege, dann schlängelt sich der Weg zwischen sanften Hügeln und immer wieder Seen mit gletschergrünem Wasser.

Wie im Rausch zum Abstieg und gleich darauf wieder ein Aufstieg und dann passiert es plötzlich wie aus heiterem Himmel: Ein Schlund tut sich auf und wir landen in einem nicht endenden Felsentunnel. Kurz nach dem Eintauchen fällt der Tunnel ab und man wird das Gefühl nicht los direkt auf dem Weg in die Hölle zu sein. Als auch noch alle paar hundert Meter apokalyptische Geräuschwellen über uns wegrollen, muss ich an die Tunnelphobie von Babs denken und schaue mit mulmigem Gefühl in den Rückspiegel – aber sie ist noch dran. Nach endloser Zeit taucht dann der kleine helle Punkt auf und ich atme auf, das Ende ist erreicht. Ich will mich gerade umdrehen, um nach Babs zu schauen und schon hat uns der nächste Tunnel verschluckt. Nach etlichen dunklen Kilometern sind wir dann ein paar hundert Meter tiefer in einer fast lieblichen Landschaft. Ich halte an und gehe zu Babs, die nur trocken meint: „Ich glaube ich bin durch mit meiner Tunnelphobie...“.

Wunderbare Wasserfälle links und rechts (Lätefossen) und dann kommen wir auch schon an den Eidfjord. 70 km cruisen wir nun an diesem wunderbaren Fjord auf der Ostseite immer in der sehr warmen Nachmittagssonne. Anfangs glauben wir noch an eine Fata Morgana, aber es wird zur Gewissheit: Endlose Kirsch-, Apfel-, Erdbeer- und Himbeerplantagen säumen den Weg. Immer wieder kleine Stände mit den köstlichsten pflückfrischen Früchten. Wer bisher glaubte, die in seinem Garten mit viel Liebe gehegten Früchte seien das NonPlusUltra, war noch nicht hier. Noch nie habe ich Früchte von solch einem Aroma gegessen. Die Himbeeren haben schon fast die Grösse von kleinen Äpfeln. Immer wieder werden wir diese köstlichen Früchte auf unseren Trips antreffen. Ulli sagt ich soll die Augen schliessen, sie schiebt mir eine Erdbeere in den Mund und fragt dabei: „Jetzt sag mir wo Du bist“. Ich will schon sagen „Südtirol“, aber waren die Früchte da wirklich so zuckersüss? War es da wirklich so heiss? Ich bin verwirrt...

Wir nähern uns dem Ende des Eidfjords und damit dem Städtchen Eidfjord. Anscheinend kennen noch mehr Leute dieses kleine Paradies, denn plötzlich sehen wir in der Ferne das Hotel und in der Bucht das Kreuzfahrtschiff MS Columbus, das schon fast vor der Terrasse ankert. Der Kaffee auf der Terrasse direkt am Fjord und die untergehende Sonne über den gewaltigen Fjordabhängen sind schon fast kitschig.

Am nächsten Morgen geht es dann weiter zur Fähre über den Eidfjord, über das Skigebiet von Voss nach Balestrand. Eigentlich glaubt man jeden Tag, dass keine Steigerung mehr möglich ist, aber die Reise ist wie eine Theaterinszenierung: Ein Höhepunkt jagt den anderen. Wir fahren wieder über die nicht enden wollenden Fjells, kleine schmale Strassen, wir werden nachlässig und erschrecken fast ein wenig, wenn ab und zu mal ein Fahrzeug auftaucht.

Einen Abstecher zum Stalheimhotel und einmal die alte Stalheimstrasse runter zum Fjord und wieder hoch. Warum ich dieses erwähne? Nun, die Stalheimstrasse ist mit 18% immerhin die steilste Strasse Norwegens und sehr schmal noch dazu. Es ist wie beim Skifahren, wenn man sich einmal eingeschwungen hat, dann legen sich die Harleys willig in die Kurven. Ich denke lieber nicht daran was zu tun ist, falls ein Fahrzeug entgegen kommen sollte. Beim Runterfahren kommen uns nur ein paar keuchende, schiebende Radler entgegen und so brausen wir unten angekommen, im Übermut gleich wieder hoch.

Noch eine Fähre, noch einmal um eine Landzunge und da steht es: Das legendäre Kvikne’s-Hotel in Balestrand am Sognefjord, Norwegens „König der Fjorde“ genannt. Der Fjord gräbt sich 205 km ins Land und ist bis zu 1.200 km tief. Das Kvikne’s-Hotel ist im Schweizer Stil gebaut und schon Kaiser Wilhelm II. war mehrmals zu Gast. Leider wurde in neuerer Zeit in weniger schöner Anbau gemacht – Tribut an den Tourismus. Man erzählt sich, dass es hier das beste Buffet Norwegens gibt und wir glauben, dass dieses noch untertrieben ist. Zwei Nächte verweilen wir und werden von Albträumen geplagt – dank der unglaublichen Tafeln mit Lachs, Krabben, Hummer und des Dessert-Buffets.

Hier erwischt uns auch der erste Regenguss auf unserer Reise: allerdings nicht auf den Harleys, sondern auf dem Picknickausflug mit dem Hotel-Paddelboot, das, mitten auf dem Fjord, die Neugier einer Horde Schweinswale erweckt hat. War schon lustig die Gesichter der Japaner und prüden Amis zu sehen, als wir triefendnass und leicht bekleidet die Paddel an der Rezeption ablieferten. Die Sauna hat allerdings schnell wieder alles gerichtet. Einen Tag lang cruisen wir eine schöne Rundtour entlang des Sognefjords und wieder hoch ins Fjell. Abends wieder das surrealistische Panorama des Fjords geniessen...

... Der nächste Tag wird eine 370 km lange Tour nach Lillehammer, wo die Skandinavien Bike Week stattfindet. Der erste Teil der Strecke geht wieder abwechselnd in die Berge und dann wieder entlang des Fjordufers. Dann verlassen wir den Sognefjord und es geht in einem Rutsch von 0 auf 1.400 m hoch auf das Sognefjellet. In einer der zahlreichen Berghütten finden wir einen deutschen Prospekt: „Sognefjellet, die Route über das Dach Norwegens – Jenseits der Baumgrenze, eingerahmt von schneebedeckten Gipfeln und türkisblauen Gletschern“.

Es fällt schwer, diese atemberaubende Landschaft in Worte zu fassen. Ein absolutes Muss für einen Motorradtrip durch Norwegen! Die Landschaft wechselt wieder in sattes Grün und am Ufer eines malerischen Sees machen wir Rast und essen zum ersten Mal Rentier- und Elchfleisch. Gestärkt geht es Richtung Lillehammer. Wir erwarten Scharen von Harley-Fahrern, aber sehen nur ab und zu versprengte Harleys und die nicht unbedingt in Richtung Lillehammer fahrend. In Lillehammer angekommen, also kurz das Gepäck abgeladen und voller Erwartung auf zum Eventgelände. Auf den Strassen von Lillehammer immer noch keine Harleys. Als wir losfahren wollen, kommt sie uns entgegen, die holde Vikingermaid, die auf allen Prospekten der Skandinavien Bike Week zu sehen ist: Wehendes blondes Haar, kurze Hotpants, ultrabreiter Reifen und ohrenbetäubender Sound. Ahhh, gibt es sie also doch?

Auf dem Eventgelände lernen wir dann schnell den Unterschied zwischen nordischen Harleytreffs und "südeuropäischen" (wie Saalbach, Faak...) kennen: Der gemeine Skandinavier fährt mit der Harley aufs Gelände, stellt sie abrupt ab und gibt sich die Kanne bis zum Filmriss. Verständlich, dass dann nicht viel Spielraum für cruisen bleibt... ;-)

Den nächsten Tag verbringen wir in tausend Meter Höhe über Lillehammer, entlang der Langlaufpisten und der jetzt verwaisten Skiorte. Kleine Wege aus festgestampftem Schotter auf dem Faberg Ostfjell sind auch mit Harleys gut zu fahren und die Temperatur ist recht angenehm im Verhältnis zu den über 30 Grad, die uns wieder in Lillehammer erwarten. Den Nachmittag verbringen wir im Museumsdorf Maihaugen. Ein sehr schöner, weitläufiger Ort, um etwas mehr über Norwegen zu erfahren. Von den Vikingern bis zu einem originalgetreu aufgebauten Viertel der 30er Jahre ist alles da. Sogar eine Bedienung gibt es in Apotheke und Kaufmannsladen und die Dampflok im Bahnhof scheint gleich losfahren zu wollen.

Wir feiern Abschied von Babs und Matthias, die am nächsten Tag nach Oslo fahren, und von Penzi, Sepp, Christoph und Ralf.

Am nächsten Tag brechen wir auf Richtung West-Schweden. Es ist schon morgens recht heiss und so fahren wir kurzämlig los. Die Strecke geht durch Wälder und Seen in leicht hügeligem Gelände. Ziel ist der Frykensee. Sonntag Abend sind die Hotels meistens leer und so haben wir die wunderbare Parkanlage am See für uns allein. Ein paar kleine Runden im See schwimmen, dann geniessen wir im Boot den Sonnenuntergang und anschliessend geht es in die Sauna, welche sich in einer kleinen Hütte am Seeufer befindet. Eine Runde Billard vor dem Schlafengehen und am nächsten Morgen hält es uns nicht lange im Bett. Kurz nach Sonnenaufgang sind wir schon wieder im Boot unter einem wolkenlosen, tiefblauen Himmel. Frühstück mit frischen Waffeln gibt es auf der Terrasse, im Blickfeld den See und davor unsere Harleys. Wir kommen uns vor wie Statisten für einen Werbeprospekt. Eigentlich wollen wir nun auf dem Weg nach Tanum das Kult-Motorradmuseum Rottneros besuchen, doch leider macht es erst um 12 Uhr auf – schade. Also geht es weiter Richtung Skagerak.

In Tanum kommen wir früh genug an, um einen Kulturtrip in die Vergangenheit zu machen. Die hier gefundenen Felsritzungen aus der Bronzezeit sind Unesco Weltkulturerbe und kommen in dieser Häufung nirgendwo sonst auf der Welt vor. Es ist auch eine Siedlung aus der Bronzezeit aufgebaut und wir sind beeindruckt von der Leichtigkeit, mit der hier mit den Kunstschätzen umgegangen wird. Ein dezenter Hinweis, dass man nicht über die Felsritzungen laufen sollte, aber ansonsten kann man alles aus der Nähe betrachten, ja sogar anfassen. Wir setzen uns in eine originalgetreu aufgebaute Hütte und gehen in Gedanken fast viertausend Jahre zurück, als das Meer noch 15 m höher lag und die Hütten am Strand lagen. Eigentlich schon verkehrte Welt: Die Häuser in Maihaugen/ Lillehammer aus dem Mittelalter wirken beengt und düster gegen diese 3.000 Jahre alten, grosszügigen und lichten Behausungen.

Am nächsten Morgen geht es nach Göteborg. Wir fahren jetzt fast nur noch Küstenstrasse. Nicht so spektakulär und einsam wie Norwegen, schon eher touristisch. Felsige Küstenabschnitte wechseln mit Sandstränden, Wäldern und Seen.

Ein kleiner Abstecher in die Schären von Smögen. Recht nett, aber stark besucht. Verzweifelte holländische Wohnwagenfahrer suchen nach Parkmöglichkeiten, mit den Harleys können wir uns problemlos zu den besten Plätzen vorkämpfen. Es geht weiter auf kleinen Wegen über die Inseln Flaton und Malö auf dem wahrscheinlich schönsten Streckenabschnitt dieser Region. Die Fähren zwischen den Inseln sind übrigens kostenlos. Es ist unerträglich schwül und so sind wir fast dankbar, als uns in freier Fahrt ein satter Platzregen erwischt. Wir fahren weiter und sind nass bis auf die Haut. Nach einer halben Stunde stellen wir an der Fähre fest, dass alles wieder trocken ist.

In Göteborg cruisen wir durch die Stadt und machen beim local dealer Halt. Wir erreichen den Eincheckcounter für die Fähre nach Kiel und da kommen auch schon Penzi, Sepp, Christoph und Ralf angebraust. Gemeinsam befahren wir als erste die Fähre und dürfen auch als erste wieder runter. Auf der Fähre erleben wir auf dem Sonnendeck einen tollen Sonnenuntergang und verabschieden uns wehmütig von Skandinavien.

Am nächsten Tage tuckern wir von Kiel über die Staatsstrassen vorbei an kleinen Dörfern im grossen Bogen Richtung Hamburg. An Plön und Timmendorfer Strand vorbei. In Lübeck einen schnellen Kaffee am Holstentor, kleiner Abstecher zu Viking Cycles und weiter entlang des Ratzeburger Sees nach Breitenfelde. Hier besuchen wir unseren alten Freund Björn von HD Breitenfelde. Nach ein paar guten Kaffeepötten und Schnack über Skandinavien und Toskana, geht es weiter zu Freundin Susanne nach Hamburg. Eine interessante Erfahrung Hamburg in der Rush-hour zu durchqueren. Vielen Dank an Björn und Susanne für gute Bewirtung!

In München kommen wir wieder bei über 30 Grad und strahlendem Himmel an. Gottseidank trübt es sich am nächsten Tage ein, sonst wäre dieser Reisebericht nicht zustande gekommen.

Es waren grandiose zwei Wochen und es kommt uns fast wie eine Weltreise vor. Dieses war mit Sicherheit nicht unser letzter Skandinavientrip. Jetzt verstehen wir die Motorradfahrer, die uns unterwegs erzählten, dass sie diesem Landstrich verfallen sind. Wir hörten auch ansatzweise, dass es wettermässig in Skandinavien auch trübe ausschauen kann und man dann in den Fjells wie Zeus in den Wolken steckt – aber dazu können wir nichts beitragen.

Für uns war es eine Traumreise in eine andere Dimension.

 

Claus